Im Westen nichts Neues
Einführung
Im Westen nichts Neues
Ein Musiktheater zu E.M.Remarques Bestseller zu komponieren, scheint verwegen. Sein Werk wird dem Realismus zugerechnet; im Roman taucht keine Musik auf, und in den Schützengräben spielen keine Violinen. Führen Oper und Musiktheater nicht in ideelle und mystische Welten? Andererseits gibt es einige wenige Werke, die den Realismus der Welt in die Musik zu überführen suchen: Beethovens „Fidelio“ und Bergs „Woyzeck“ gehören sicher zu diesen. Dort wird das reale Geschehen musikalisch in seiner Tiefenschärfe beleuchtet: im „Fidelio“ werden reelle politische Machtinteressen dem Sujet der Liebe unterworfen; im „Woyzeck“ wird realistisches Drama mit einer den Realismus überhöhenden atonalen Musik konfrontiert. Diesen Dimensionen einer Tiefenanalyse und Konfrontation wird mit diesem Musiktheater die Dimension der Korrespondenz zugefügt. Über den Graben der Geschichte hinaus bleiben wir Antwortende auf dieses Buch, und die Musik hilft, diese Antwort nicht als bloße Worthülse, sondern als empfindende und empfindsame Resonanz zu artikulieren. -
Kurze, aus dem Roman herausgegriffene, ja –gerissene dialogische Fetzen dienen nicht theatralisch-musikalischer Rezitation, sondern sind Erinnerungsfetzen, die im Sprachgesang artikuliert werden. Die schrecklichen Erlebnisse in den Schützengräben sind nicht Vorlage eines musikalischen Furiosums (wie bei Wagner), sondern aus dem Unbewußten auftauchende Reminiszenzen, die in ihrer Bewältigung verklärt werden.