Im Westen nichts Neues

Einführung

Ein Musiktheater

Remarque-Gesellschaft Osnabrück

Musik: Norbert Ammermann

Inhalt: Das Musiktheater schildert 12 Episoden aus dem gleichnamigen Roman von E.M. Remarque.

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Besetzung:

Paul
Himmelstoß
Mutter
Schwester
Kemmerich
Müller
Kropp
Katczinsky
Neuling
Albert
Bertinck
3 Frauen
Arzt
Sanitäter

Im Zusammenspiel von Lesung und Pantomime springen die Sänger:innen in den Rollen; es sind lediglich vier Sänger:innen (S A T B) nötig!

Im Westen nichts Neues

Ein Musiktheater zu E.M.Remarques Bestseller zu komponieren, scheint verwegen. Sein Werk wird dem Realismus zugerechnet; im Roman taucht keine Musik auf, und in den Schützengräben spielen keine Violinen. Führen Oper und Musiktheater nicht in ideelle und mystische Welten? Andererseits gibt es einige wenige Werke, die den Realismus der Welt in die Musik zu überführen suchen: Beethovens „Fidelio“ und Bergs „Woyzeck“ gehören sicher zu diesen. Dort wird das reale Geschehen musikalisch in seiner Tiefenschärfe beleuchtet: im „Fidelio“ werden reelle politische Machtinteressen dem Sujet der Liebe unterworfen; im „Woyzeck“ wird realistisches Drama mit einer den Realismus überhöhenden atonalen Musik konfrontiert. Diesen Dimensionen einer Tiefenanalyse und Konfrontation wird mit diesem Musiktheater die Dimension der Korrespondenz zugefügt. Über den Graben der Geschichte hinaus bleiben wir Antwortende auf dieses Buch, und die Musik hilft, diese Antwort nicht als bloße Worthülse, sondern als empfindende und empfindsame Resonanz zu artikulieren. -

Kurze, aus dem Roman herausgegriffene, ja –gerissene dialogische Fetzen dienen nicht theatralisch-musikalischer Rezitation, sondern sind Erinnerungsfetzen, die im Sprachgesang artikuliert werden. Die schrecklichen Erlebnisse in den Schützengräben sind nicht Vorlage eines musikalischen Furiosums (wie bei Wagner), sondern aus dem Unbewußten auftauchende Reminiszenzen, die in ihrer Bewältigung verklärt werden.

Musikalische Demo - Bild 1 Bild 2 Bild 3 Bild 4 Bild 5 Bild 6 - Demo Video bis Bild 7 - Stimmauszüge Gesang - insgesamt.. 12 Bilder.

Unter den Demos finden Sie hier das LIBRETTO!

Bild 1

Erläuterungen

Regieanweisung: Soldaten bei der Essensausgabe. - Der todkranke Kemmerich wird hereingetragen.

Triviale Trompeten- und Hornfanfaren leiten Bild 1 ein. Unschlüssige Streicherakkorde antworten, ehe denn ein altes Grammophon mit einem (ironischen) Soldatenlied erklingt.

Das Orchester greift in versetzten Rhythmus das Lied auf, entwickelt daraus das Leitmotiv. Kemmerich fragt nach seiner gestohlenen Uhr; über dem im Kontrabass angedeuteten Choral "Oh Welt ich muss dich lassen" entspinnt sich der Dialog zwischen Kemmerich und Kameraden, die sich von ihm schließlich verabschieden. Die hohen transzendent wirkenden Violinen (über einen alten Bestattungschoral) deuten an, daß dieser Abschied ein endgültiger ist.

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Bild 2

Erläuterungen

Die hohen, sich füllenden Streicherakkorde verdeutlichen Pauls Erinnern an seine Schulzeit. Skurrile Marschrhythmen greifen seine Kritik auf, dass er wie alle Gleichaltrigen in diesem Krieg ihrer Jugend beraubt werden. Es erklingt sehnsuchtsvoll hier die Elektro-Gitarre als "Paul´s Instrument", ein in die Zukunft weisendes Instrument, dass bewusst so als seiner Zeit unbekannt, als visionäre Zukunft, eingesetzt wird.

Nervöse Holzbläser-Läufe karikieren die die Soldaten, die auf Befehl von Himmelstoß Latrinen reinigen und die schmutzigen Abwässer über dessen Stiefel ausschütten. "Das setzt Festung" - diese Drohung führt zur Gegendrohung, über den Unteroffizier auspacken zu wollen.

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Bild 3

Junge, kindliche, eingezogenen Rekruten treten auf. Kat teilt ihnen weiße Bohnen aus.

Das Orchester greift wieder die Marschmusik aus Bild 1 auf, verfremdet diese aber. Über sie entfaltet sich der Dialog Müller, Kat, Rekruten. Wieder ist dieser eingewebt in den instrumentellen Choral "Oh Welt ich muss dich lassen", denn das ist die Zukunft dieser Kinder.

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Bild 4

"Heute gibt es Kattun" - Paul und seine Gefährten erleben die erste Schlacht.

Über dem vom Orchester und der "overdrived" E-Gitarre hintergründig und bedrohlich (im doppelten Sinne des Wortes) angedeuteten Choral "Gott ist gegenwärtig" entfaltet sich in sparsamer, verinnerlichter Dramatik die existentielle Angst, einem Gefecht auf Tod und Leben ausgesetzt zu sein.

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Bild 5

Nach dem expressiven Bild 4 folgt hier eine scheinbar himmlisch verklärte Friedensmusik. Die ersten Takte von "Maria durch ein Dornwald ging" bilden die musikalische Substanz, chorisch und als Kanon in den Streichern gesetzt, auf dem sich Gesprächsfetzen um den Frieden ranken.

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Bild 6

Die einführenden Streicherakkorde knüpfen an Pauls Selbstreflexion Bild 2 an, aber sind in dissonanten Akkorden gehalten. Erfährt Paul sich und seine Kameraden als wütende Tiere, so steht diese Einsicht in scharfen Kontrast zur atonalen 12tonigen Stimmführung, die für eine abstrakte Ordnung zu sorgen scheint, wo nur noch Terror herrscht.

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Bild 7

Ein zentraler Knotenpunkt: Paul und "die Frauen". Die Szene vor dem Zirkusplakat, die Erinnerung an die Begegnung mit den drei Frauen, die reale Begegnung mit Mutter und Schwester ... der Tango-Rhythmus durchzieht diese Szenen, die sich teils enharmonisch auflösen und verweben, um dann der harten Realität zwischenmenschlichen Lebens im Krieg weichen zu müssen.

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Libretto

Bild 1

Zu dem Lied „Ein Soldate“ wird den Soldaten ihre Essensration ausgeteilt. Offenbar erhält jeder die doppelte Portion. Währenddem werden auf der anderen Seite die Leichen gefallener Soldaten beiseite geschafft.

Müller u.a. versammeln sich und treten zu ihrem verwundeten Kameraden Kemmerich hin.

Kemmerich

Man hat mir die Uhr gestohlen, als ich bewusstlos war

Müller

Ich habe Dir ja immer gesagt, eine so gute Uhr nimmt man nicht mit.

Kropp

Wie geht’s denn Franz?

Kemmerich

Es geht ja – ich habe nur so verfluchte Schmerzen im Fuß

Kropp

Du wirst ja nun nach Hause kommen – auf Urlaub hättest Du mindestens noch drei, vier Monate warten müssen.

Müller

Wir haben Deine Sachen mitgebracht, Franz

Kemmerich

Legt sie unters Bett

Müller

Willst Du die Stiefel nicht hier lassen, Franz (der verneint) – Wir können sie ja umtauschen, hier draußen kann man so etwas brauchen.

Die Kameraden

Mach´s gut, Franz

Bild 2

Szene 1

Paul macht sich Gedanken darüber, wie ihn das harte Kasernenleben auf den Krieg vorbereitet und wie ihn sein Vorgesetzter Himmelstoß während der Grundausbildung tyrannisiert hat, und fragt sich, wie sein Leben nach dem Krieg aussehen wird. Er glaubt, ohne militärische Ausbildung wäre er im Schützengraben verrückt geworden, und trauert um seinen inzwischen im Lazarett verstorbenen Freund Kemmerich.

Paul

Es ist für mich sonderbar, dass zu Hause, in einer Schreibtischschublade, ein angefangenes Drama Saul und ein Stoß Gedichte liegen. Manchen Abend habe ich darüber verbracht, wir haben ja fast alle so etwas Ähnliches gemacht, aber es ist mir so unwirklich geworden…

Unser früheres Leben ist abgeschnitten, ohne dass wir etwas dazu getan haben. Wir versuchen manchmal, einen Überblick und eine Erklärung dafür zu gewinnen, doch es gelingt uns nicht recht…. Eiserne Jugend… Die älteren Leute sind fast alle fest mit dem Früheren verbunden, sie haben Grund, sie haben Frauen, Kinder, Berufe, Interessen, schon so stark, dass der Krieg sie nicht zerreißen kann.

Wir Zwanzigjährigen aber haben nur unsere Eltern, und manche ein Mädchen. Das ist nicht viel.

Szene 2

Himmelstoß kommt bei Paul und Kropp vorbei, die Latrinen leeren.

Himmelstoß

Wie gefällt euch die Arbeit?

Paul und Kropp stolpern über seine Schuhe und verschütten den Eimer-inhalt über diese.

Himmelstoß

Das setzt Festung!

Kropp

Vorher aber eine Untersuchung, und da werden wir auspacken!

Himmelstoß

Wie reden Sie mit einem Unteroffizier, sie sind verrückt geworden? Warten Sie, bis sie gefragt werden! Was wollen Sie tun?

Kropp

Über Herrn Unteroffizier auspacken!

Bild 3

Szene 1

Es kommt Ersatz. Gealterte und junge Soldaten kommen auf die Bühne gelaufen.

Kropp

Hast Du die Kinder gesehen?

Kropp und Paul und Katczinsky wandern, die Hände in den Hosentaschen, die neuen ab.

Katczinsky

Habt wohl lange nichts Vernünftiges zu futtern gekriegt, was?

Neuling

Steckrübenbrot – Steckrübengemüse

Katczinsky

Was meinst Du zu weißen Bohnen, willst Du einen Schlag haben?

Neuling

Verkohlen brauchst Du mich nicht.

Katczinsky

Nimm dein Kochgeschirr!

Katczinsky führt die anderen drei zu einer Tonne neben seinem Strohsack.

Auge auf! Finger lang! Das ist die Parole bei den Preußen.

Paul

Meine Fresse, Kat, wie kommst Du dazu?

Katczinski

Die Tomate war froh, als ich ihr´s abnahm. Ich habe drei Stück Fallschirmseide dafür gegeben. Na weiße Bohnen schmecken kalt doch tadellos.

Er füllt gönnerhaft dem Neuling eine Portion auf

Nächstes Mail mit Kochgeschirr. Dann hast du in der linken Hand eine Zigarre oder einen Priem. Verstanden?

Er wendet sich den anderen zu.

Ihr kriegt natürlich so.

Bild 4

Kat

Diese Nacht gibt es Kattun

(Alle horchen hinaus)

Müller

Was fällt denen wohl ein; ihre Uhren gehen wohl vor

Kat

Es gibt Kattun, sage ich Euch, ich spüre es in den Knochen

Frontschlacht

Paul

Was ist los, Albert

Albert

Drüben haben wohl ein paar Kolonnen Volltreffer gekriegt

Paul

Es sind keine Menschen, sie können nicht so furchtbar schreien

Kat

Verwundete Pferde

Bild 5

Szene 1

Müller

Albert, was würdest Du tun, wenn jetzt einmal Frieden wäre?

Albert

Frieden gibt´s nicht

Müller

Na, aber wenn, was würdest Du machen?

Kropp

Abhauen!

Müller

Das ist klar! Und dann?

Albert

Mich besaufen

Müller

Rede keinen Quatsch, ich meine es ernst

Albert

Ich auch, was soll man denn anders machen?

Kat

Besaufen könnte man sich ja, sonst aber auf die nächste Eisenbahn – und ab nach Muttern. Mensch, Frieden, Albert!

Kropp

Wieviel Mann wären wir denn eigentlich in der Klasse?

Paul

Von zwanzig sind sieben tot, vier verwundet, einer in der Irrenanstalt. Es kommen höchstens zwölf Mann zusammen.

Szene 2

Himmelstoß, der Spieß, Mitarbeiter der Schreibstube treten auf

Leutnant Bertinck

Wo ist Tjaden? Raus mit der Sprache

Himmelstoß

Ihr sollt ihn suchen

Kropp

Ich möchte Sie bitten uns nicht zu duzen

Himmelstoß

Wer duzt euch denn?

Kropp

Sie

Himmelstoß

Ich?

Kropp

Ja

Himmelstoß fällt aus den Wolken

Leutnant Bertinck

Was ist geschehen?

Die Kameraden stellen die Bettnässergeschichte nach

Leutnant Bertinck

Stimmt das?

Himmelstoß gibt es umwunden zu. Der Leutnant gibt augenzwinkernd Kropp mit den Fingern drei Tage Arrest zu verstehen.

Bild 6

Paul

Aus uns sind gefährliche Tiere geworden. Wir kämpfen nicht, wir verteidigen uns vor der Vernichtung. Wir schleudern die Granaten nicht gegen Menschen, was wissen wir im Augenblick davon, dort hetzt mit Händen und Helmen der Tod hinter uns her, wir können ihm seit drei Jahren zum ersten Male ins Gesicht sehen, wir können uns seit drei Tagen zum ersten Male wehren gegen ihn, wir haben eine wahnsinnige Wut, wir liegen nicht mehr ohnmächtig wartend auf dem Schafott, wir können zerstören und töten, um uns zu retten und zu rächen.

Bild 7

Szene 1

Vor dem Zirkusplakat (S. 129)

Paul

Das ist der Frieden, so muss er sein. Sieh dir nur diese Schuhe an, darin können sie keinen Kilometer marschieren.

Kropp

Sie ist nicht mehr als siebzehn, sage ich dir.

Paul

Albert, das wäre was, meinst du nicht?

Albert

Zu Hause habe ich auch eine weiße Hose.

Paul

Weiße Hose … aber so ein Mädchen…

Sie schauen an sich gegenseitig herunter.

Kropp

Wir könnten uns mal entlausen lassen.

Szene 2

(S.129) Abends schwimmen sie. Da kommen drei Frauen am Teich entlang. Sie gehen langsam und sehen nicht weg, obwohl die Darsteller keine Badehose tragen. Die Soldaten werfen Ihnen Satzfetzen zu, die ihnen gerade einfallen. Die Dunkle lacht besonders, schlägt ihren Rock um ihre Beine. Tjaden hält ein Kommissbrot hoch. Die drei Frauen zeigen auf ein Haus, gehen zu diesem hin; die Soldaten begleiten sie schwimmend. Sie heben die Hände, legen sie flach zusammen, die Gesichter darauf und schließen die Augen.

Paul

Dann aber fühlte ich die die Lippen der Schmalen, Dunklen und dränge mich ihnen entgegen. Ich schließe die Augen und möchte alles damit auslöschen, Krieg und Grauen und Gemeinheit, um jung und glücklich zu erwachen.

Szene 3

Mutter

Paul … Paul

Schwester

Mutter, Mutter, Paul ist da

Regie S. 142

Paul

So gib doch endlich ein Taschentuch her … Ist sie nicht auf?

Schwester

Sie ist krank

Paul

Da bin ich, Mutter.

Mutter

Bist du verwundet?

Paul

Nein, ich habe Urlaub.

Mutter

Da liege ich nun und weine, anstatt mich zu freuen. (zur Schwester) Mach auch das Glas mit den eingemachten Preiselbeeren auf, das isst du dich gern?

Paul

Ja, Mutter, das habe ich lange nicht gehabt.

Schwester

Dein Lieblingsessen, Kartoffelpuffer, und jetzt sogar mit Preiselbeeren.

Paul

Es ist ja auch Sonnabend

Mutter

Setz dich zu mir. Mein lieber Junge.

S. 144 Paul packt aus, was er mitgebracht hat, Butter, Leberwurst, Schmalz, Reis.

Paul

Das könnt ihr sicher gebrauchen.

Mutter

Ja, es gibt nicht viel. … War es sehr schlimm, draußen, Paul?

Paul

Nein Mutter, wir sind ja mit vielen zusammen, da ist es nicht so schlimm. Ach Mutter.

S.152

Paul

(zu sich)

Was ist der Urlaub? Ein Schwanken, das alles nachher nur noch viel schwerer macht.

(zur Mutter)

Geh schlafen. Du erkältest Dich noch hier.

Mutter

Schlafen kann ich noch genug, später… fürchtest Du Dich sehr?

Paul

Nein, Mutter.

Mutter

Nimm dich vor den Frauen in acht in Frankreich. Sie sind schlecht dort.

Paul

Wo wir liegen, da sind keine Frauen, Mutter.

(S. 165 Paul legt seine Decke über die Schultern der Mutter und bringt sie zu Bett).

Bild 8

(S.191 Ein Körper fällt klatschend neben Paul in den Trichtergraben. Paul stößt mit dem Messer zu. Er wartet ab. Die Gestalt bewegt sich. S. 193 schlägt die Augen auf. Paul holt dem Verwundeten Wasser. Nimmt die Brieftasche, Fotos fallen heraus. Der Franzose stirbt.

Paul

Ich will Dir ja helfen, camarade, camarade…

Gerard Duval, Typograph

Bild 9

S. 167 ff. Wälder mit Birkenrändern. Baracken im Heidlager wie ein Paradies. S.173: Ein Russe wird begraben; die Gefangenen singen einen begleitenden Choral.

Bild 10

Szene 1

S. 215 Der Arzt stochert in der Wunde Pauls herum.

Arzt

Stellen sie sich nicht so an

Paul, rasend vor Schmerzen, kriegt einen Arm frei und will den Arzt schlagen.

Arzt

Chloroformiert den Kerl

Paul

Entschuldigen Sie, Herr Doktor, aber chloroformieren Sie mich nicht!

Arzt

Naja

Der Arzt behandelt Paul schikanös weiter. Wirft ihm einen Splitter zu. Beginnt sein Bein zu schienen.

Morgen geht’s ab nach Hause.

Szene 2

Kropp und Paul stehen auf ihren Bahnen im Bahnhof. Der Feldwebel betreut sie, nimmt ein Päckchen Zigarren entgegen, deckt eine Plane über sie.

Paul

Mensch, Albert, unser Himmelbett und die Katz-

Kropp

Und die Klubsessel

Paul

Und unsere Fress-Säcke

Rote-Kreuz-Schwestern heben die Bahren in den Zug. Paul erblickt die blütenweißen Lazarettbetten.

Paul

Um Gotteswillen

Schwester

Was ist denn? Können Sie nicht allein hineinkriechen?

Paul

Das schon! Aber tun sie doch erst das Bettzeug weg.

Schwester

Warum denn?

Paul

Es wird ja…

Schwester

Ein bisschen schmutzig? Das schadet nichts, dann waschen wir es eben nachher wieder.

Paul

Nee, das nicht…

Schwester

Dafür, dass Sie draußen im Graben gelegen haben, werden wir wohl noch ein Bettlaken waschen können

Paul

Es ist nur…

Schwester

Was denn noch

Paul

Wegen der Läuse!

Schwester

lacht

Die müssen auch mal gute Tage haben.

Bild 11

S. 244 Der Tod der Kameraden als Erinnerungsfetzen, die vor Paul vorbeiziehen… zuletzt die Erlebnisse mit Kat …

Sanitäter

Das hättest Du Dir sparen können. - Er ist ja tot!

Bild 12

Paul

Es ist Herbst. Von den alten Leuten sind nicht mehr viele da. Ich bin der letzte von den sieben Mann aus unserer Klasse hier. Jeder spricht von Frieden und Waffenstillstand. Alle warten. Die Hoffnungen sind zu stark, sie lassen sich nicht mehr fortschaffen. Gibt es keinen Frieden, dann gibt es Revolution. – Ich habe vierzehn Tage Ruhe, weil ich etwas Gas geschluckt habe. In einem kleinen Garten sitze ich den ganzen Tag in der Sonne. Der Waffenstillstand kommt bald, ich glaube es jetzt auch, Dann werden wir nach Hause fahren.

Paul steht auf. Sehr ruhig.

Ich bin sehr ruhig. Mögen die Monate und Jahre kommen, sie nehmen mir nichts mehr, sie können mir nichts mehr nehmen. Ich bin so allein und so ohne Erwartung, dass ich Ihnen entgegensehen kann ohne Furcht. Das Leben, das mich durch diese Jahre trug, ist noch in meinen Händen und Augen. So lange es da ist, wird es sich seinen Weg suchen, mag dieses, das in mir „Ich“ sagt, wollen oder nicht.

Stimme (spricht)

Er fiel im Oktober 1918, an einem Tag, der so ruhig und still war an der ganzen Front, dass der Heeresbericht sich nur auf den Satz beschränkte, im Westen sei nichts Neues zu melden. – Er war vorübergesunken und lag wie schlafend an der Erde. Als man ihn umdrehte, sah man, dass er sich nicht lange gequält haben konnte; sein Gesicht hatte einen so gefassten Ausdruck, als wäre er beinahe zufrieden damit, dass es so gekommen ist.

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